Überblick
Der Baikalsee im Süden der borealen Zone hat eine Fläche von 31 500 Quadratkilometern (zum Vergleich: Baden-Württemberg 35 800 km2) und ist mit bis zu 1 637 Metern Tiefe das größte Süßwasserreservoir der Erde. Die Karte zeigt eine im Vergleich zu anderen Teilen Sibiriens diversifizierte und moderne Wirtschaftsstruktur. Der Reichtum an Rohstoffen bildet jedoch nach wie vor die Wirtschaftsgrundlage.Natur und Ökosystem
Die besondere Flora und Fauna der Region hat zur Ausweisung von drei Naturreservaten (Baikal-, Lena- und Bargusin-Naturreservat) und zwei Nationalparks (Cisbaikal- und Transbaikal-Nationalpark) geführt. 1996 wurde die gesamte Region in die Liste des Weltnaturerbes der UNESCO aufgenommen. Bedroht wird das sensible Ökosystem mit seiner Vielzahl endemischer Arten vor allem durch die Umweltverschmutzung aus den Industriebetrieben am Südende des Sees und durch den stark fortschreitenden Holzeinschlag für die Papierindustrie in der Umgebung. Er hat direkte Auswirkungen auf die ökologischen Verhältnisse am Baikalsee. Über entwaldeten Flächen steigt die Verdunstung und die Seezuflüsse führen deutlich weniger Wasser. In Jahren mit unterdurchschnittlichen Niederschlägen fällt der Wasserspiegel des Baikalsees daher um bis zu 70 cm gegenüber dem saisonalen Maximum, was sowohl für das Ökosystem als auch für Industrie und Wasserkraftwerke an der Angara ernste Auswirkungen hat.Erschließung
Die Verdichtungsräume am Baikalsee stammen aus verschiedenen Phasen der russischen und sowjetischen Wirtschaftsentwicklung. Der Raum um Irkutsk profitierte von einem relativ günstigen landwirtschaftlichen Potenzial. Die Besiedlung des Beckens datiert auf die Phase der frühen Erschließung durch Pelztierjäger und erste Ackerbauern. Irkutsk selbst wurde als Festungssiedlung (Ostrog) im Jahr 1652 gegründet. Durch den Handel mit China entwickelte sich die Siedlung zu einem Handelszentrum und später zur „heimlichen Hauptstadt“ Sibiriens. Die Industrialisierung begann dort mit dem Bau der Transsibirischen Eisenbahn (ab 1894), beschränkte sich zunächst aber auf Reparaturwerkstätten sowie die Metall- und die Holzverarbeitung.
Ausgehend von Irkutsk kam es Ende des 19. Jahrhunderts entlang der Transsib zu bescheidenen Industrieansiedlungen. Die Industriestadt Bratsk – in sowjetischer Zeit Schwerpunkt der Erschließung im Gebiet der Angara und als Territorialer Produktionskomplex (TPK) ausgewiesen – entwickelte sich ab Ende der 1950er-Jahre auf der Grundlage des damals größten Wasserkraftwerks der Erde. Die Flutung des Bratsker Stausees erforderte umfangreiche Umsiedlungen und führte zur Überflutung des Angaratals auf mehreren hundert Kilometern Länge. Der Standort Bratsk spezialisierte sich auf die energieintensive Aluminiumverhüttung und auf die Holzverarbeitung (Zellulose, Papier). Die Stadt war ein Versuch, den Aufbau der Industrie durch Appelle an den „Sowjetpatriotismus“ der Jugend statt auf Zwangsarbeit voranzutreiben. Heute ist Bratsk Gegenstand einer intensiven Umweltdiskussion über die Gewässer- und Luftverschmutzung und die Abholzung von Wäldern.
Transformation
In der Transformationsphase Anfang der 1990er-Jahre erlebte die Industrie im Baikalgebiet – wie in anderen Teilen Sibiriens – einen starken Produktionseinbruch. Erschließungsprojekte der Sowjetzeit blieben unvollendet, Betriebe mussten schließen und der zuvor starke wirtschaftliche Einfluss des Staats ging zurück. Die zunächst instabile politische Lage erschwerte eine Neuorientierung, auch weil die Region für ausländische Investoren nicht attraktiv war.
Neben Kohle und Erdöl werden in der Region vor allem Eisenerze gefördert. Es gibt allerdings keine Hüttenstandorte in der Region. Lagerstätten von Steinsalz und Salpeter sind Grundlage der chemischen Industrie. Hinzu kommen weitere Branchen wie die Elektronik und Luftfahrttechnik (Irkutsk, Ulan-Ude), die Konsumgüterindustrie, Textil- und Glasindustrie, Nahrungsmittelindustrie und Tourismuseinrichtungen am Baikalsee. Einer der größten Arbeitgeber in der regionalen Metropole Irkutsk (Bevölkerungszahl 2024: 606 000) ist der Flugzeugbauer Irkut.