Überblick
Das Kartenbild zeigt das deutsche Schienennetz, wobei sich die Darstellung auf die Hauptstrecken und einige wichtige Nebenstrecken im Personen- und Güterverkehr beschränkt. Ihr Verlauf ähnelt, wie ein Vergleich mit dem deutschen Straßenverkehrsnetz (s. 66.1) zeigt, zu weiten Teilen dem der wichtigsten Autobahnverbindungen.Bundes- und Reichsbahn vor der Wiedervereinigung
Die Deutsche Bundesbahn (DB) hatte in den 1960er- und 1970er-Jahren damit begonnen, einen Teil ihrer Nebenstrecken einzustellen und ihr Hauptstreckennetz zu elektrifizieren. Im Jahr 1990 verfügte die Deutsche Bundesbahn über ein Streckennetz von 26 900 Kilometern, etwa 11 700 Kilometer davon waren elektrifiziert.
Die Deutsche Reichsbahn (DR) in der DDR hingegen behielt ihre überwiegend aus den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts stammenden Nebenstrecken weitgehend bei. Sie elektrifizierte vornehmlich die im Güterverkehr wichtigen Magistralen, verzichtete aber aus Kostengründen auf den Ausbau ihrer wichtigsten Strecken für höhere Geschwindigkeiten. Zum Zeitpunkt der deutschen Wiedervereinigung hatte das Netz in Ostdeutschland eine Gesamtlänge von 14 000 Kilometern, davon waren 4 000 Kilometer elektrifiziert.
„Regionalisierung“ in den 1990er-Jahren
Durch die Regionalisierung des Schienenverkehrs hat sich die Verkehrslandschaft ab Mitte der 1990er-Jahre deutlich verändert. Private Netzbetreiber sind in Konkurrenz zur Deutschen Bahn AG getreten und bieten ihre jeweils eigenen Dienste an. Im Schienenpersonennahverkehr haben privat geführte Eisenbahnunternehmen laut Bundesnetzagentur einen Anteil von neun Prozent an der Verkehrsleitung, im Schienenpersonenfernverkehr sind es nur mehr drei Prozent (Stand 2020).Gegenwart und Perspektiven
Der gezielte Ausbau von Bahnverbindungen zwischen West- und Ostdeutschland im Rahmen der „Verkehrsprojekte Deutsche Einheit“ ist inzwischen weitgehend abgeschlossen. Die Hauptstrecken auf dem Gebiet der ehemaligen DDR wurden im Laufe dieser Zeit fast durchgängig modernisiert und ergänzt, um den wachsenden Transportaufgaben gerecht zu werden. Zu den wichtigsten Ausbaumaßnahmen zählen die Hochgeschwindigkeitsstrecken von Berlin nach Leipzig und von Leipzig nach Dresden. Durch Neubaustrecken wie die Verbindung Berlin–Wolfsburg wurde Ostdeutschland in das ICE-Hochgeschwindigkeitsnetz integriert.
Auch in West- und Süddeutschland ist das Netz der Hochgeschwindigkeitsstrecken nach 1990 gewachsen. Einer der Neubauschwerpunkte in den kommenden Jahren ist die Verbindung von Karlsruhe nach Basel. Eines der großen Eisenbahninfrastrukturprojekte ist außerdem der Ausbau der Strecke zwischen Stuttgart und Ulm – ein zentraler Bestandteil des Verkehrs- und Städtebauprojekts „Stuttgart 21“, gegen das sich in den letzten Jahren massive Bürgerproteste formiert haben (s. 49.3). Die Verbindungen nach Frankreich, in die Niederlande und die Schweiz dienen der stärkeren Einbindung des deutschen Bahnnetzes in das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz.
Bedeutung für den Personen- und Güterverkehr
Laut Bundesministerium für Digitales und Verkehr wurden, bezogen auf die Personenkilometer, 2020 sechs Prozent der Verkehrsleistung vom Schienenverkehr erbracht, während der Großteil (85 Prozent) durch den motorisierten Individualverkehr abgewickelt wurde. In Bezug auf das Verkehrsaufkommen (also die Zahl an beförderten Personen), entfielen 2020 drei Prozent auf den Schienenverkehr.
Auch im deutschen Güterverkehr ist die Eisenbahn das zweitwichtigste Transportmittel, allerdings liegt sie mit einem Anteil von 10 Prozent (Stand: 2020) an der Beförderungsleistung deutlich hinter dem Lkw-Verkehr mit 85 Prozent (vgl. 66.1). Zwar hat ihre Beförderungsleistung seit 1999 stark zugenommen, dieser Anstieg ist jedoch vor allem auf die allgemeine Zunahme des Güterverkehrs zurückzuführen, ohne dass sich ihr prozentualer Anteil wesentlich erhöht hätte.