Niederrheinische Bucht - Rheinischer Braunkohletagebau

Deutschland - Energie
978-3-14-100900-2 | Seite 69 | Abb. 3| Maßstab 1 : 250000

Überblick

Infolge des Braunkohlenabbaus gab es in der Niederrheinischen Bucht erhebliche landschaftliche Veränderungen. Verursacht wurden sie erstens durch die Vorbereitungen zum Abbau, zweitens durch den Abbau selbst und drittens durch Maßnahmen zur Rekultivierung.

Beginn des Abbaus

Der erste vorbereitende Schritt für den großflächigen Braunkohlenabbau in der Niederrheinischen Bucht war die Festlegung des Abbaugebiets durch den Braunkohlenplan, der 1979 vom Braunkohlenausschuss erstellt und genehmigt wurde. Für den Abbau waren eine Entwässerung der hängenden Schichten und des Kohleflözes selbst sowie eine Entspannung des Druckwassers im Liegenden notwendig. Aufgrund des großräumigen Abbaus mussten zahlreiche Dörfer, Weiler und Einzelhöfe umgesiedelt werden.

Rekultivierung der Landschaft

Exemplarisch für die Rekultivierung der durch den Tagebau erheblich zerstörten Landschaft sind die Maßnahmen im Südrevier, wo der Abbau nach der Auskohlung des Tagebaus Ville bereits 1988 eingestellt wurde. Hier finden sich sämtliche Folgenutzungsarten auf engem Raum. Zur forstwirtschaftlichen Rekultivierung wurden höherwertige heimische Hölzer wie Buche, Eiche oder Nadelhölzer gepflanzt. Die meisten verbliebenen Restlöcher wurden zu Wasserflächen. Das Naturschutzgebiet Villeseen mit rund 40 Seen und Teichen ist heute Teil des Naturparks Rheinland. Andere Tagebaurestlöcher wurden zu Deponien für Abfälle und Kraftwerksasche.

Die landwirtschaftliche Rekultivierung begann mit dem Aufbringen einer zwei Meter starken Lössschicht. Anschließend wurden die Gebiete sieben Jahre lang zwischenbewirtschaftet, bis sie bei einer 25-jährigen Gewährleistung von umgesiedelten Landwirten übernommen wurden.

Folgeindustrien

Braunkohle ist zu rund 19 Prozent am deutschen Strommix beteiligt (Stand 2021). Von den rund 126 Mio. Tonnen Braunkohle, die 2021 in Deutschland gefördert wurden, stammten 62,6 Mio. Tonnen aus dem Rheinischen Braunkohlerevier. Zu den Folgeindustrien der Braunkohlengewinnung werden die in der Region ansässigen vier Kraftwerke gezählt. Mehr als 90 Prozent der deutschen Braunkohle dienen der Strom- und Fernwärmeerzeugung, ein kleinerer Teil gelangt in Veredelungsbetriebe, wo er zu Braunkohlenstaub für Großfeuerungsanlagen, zu Briketts oder für die Kohlevergasung verarbeitet wird. Des Weiteren haben sich energieintensive Industrien wie die Aluminium- und Chromverhüttung und die chemische Industrie im Braunkohlenrevier oder in unmittelbarer Umgebung angesiedelt.

Flächennutzungskonflikte

In Zusammenhang mit der weiträumigen Braunkohlenförderung treten oft Flächennutzungskonflikte auf. Konkurrierte der Braunkohlenabbau früher vor allem mit der Forstwirtschaft, so ist es heute in erster Linie die Landwirtschaft. Sie betreibt im Bereich der Jülicher Börde auf überwiegend nährstoffreichen Lössplatten einen marktorientierten, kapitalintensiven Anbau in überdurchschnittlichen Betriebsgrößen. An diese Landwirtschaft hat sich eine verarbeitende Nahrungsmittelindustrie angeschlossen (s. 61.3).

Der Konflikt erhält dadurch zusätzlichen Zündstoff, dass die Region von einem dichten Verkehrsnetz durchzogen und überdurchschnittlich dicht besiedelt wird (s. 86.1), weshalb der Druck zur Erschließung neuer Wohn- und Industrie- oder Gewerbeflächen hoch ist.

Weitere Probleme ergeben sich neben der Grundwasserabsenkung durch den Tagebau auch durch die Emissionen der fossil befeuerten Kraftwerke und der ansässigen Grundstoffindustrie, die Mitverursacher von Umweltbelastungen sind. Langfristig ist in Deutschland bis spätestens 2038 der Kohleausstieg geplant.

Profil durch einen Tagebau

Die Grafik zeigt in schematischer Darstellung den Aufbau und die Teilbereiche eines Braunkohletagebaus. Um Braunkohle abbauen zu können, werden zunächst die gesamten darüber befindlichen Sedimentschichten abgetragen. Das Material wird auf der gegenüberliegenden Seite des Tagebaus zu Kippen aufgeschüttet. In diesem Bereich, der Verkippungszone, wurde das Flöz bereits abgebaut. Die Abbauzone rückt nach und nach vor, die Verkippungszone folgt der Abbauzone – auf diese Weise wandert der Tagebau innerhalb des genehmigten Abbaugebiets.

Der Rand des Tagebaus ist terrassenartig gestuft. Wegen der großen Höhenunterschiede wäre das Gelände sonst nicht stabil genug. Damit der Tagebau nicht voll Wasser läuft, wird der Grundwasserspiegel bis unter das Flöz, die eigentliche Lagerstätte, abgesenkt. Dies geschieht mithilfe von Brunnengalerien am Rand des Abbaugebiets. Auf der Sohle des Tagebaus wird das Kohleflöz von riesigen Schaufelradbaggern abgetragen. Über Förderbänder gelangt die Kohle ins Kraftwerk.

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