West- und Südasien - Wirtschaft

West- und Südasien - Wirtschaft
978-3-14-100919-4 | Seite 156 | Abb. 1| Massstab 1 : 16000000

Überblick

Die Karte zeigt wirtschaftlich sehr gegensätzliche Räume. Den arabischen Golfstaaten und dem indische Subkontinent, die – auf unterschiedliche Weise – stark in die globalisierte Wirtschaft eingebunden sind, stehen riesige naturnahe Räume – Wüsten, Gebirge und peripher gelegenen Hochländer im Inneren des Kontinents – und in Stromoasen ausgedehnte landwirtschaftlich geprägte Kulturlandschaften gegenüber.

Westasien

Westasiens Wirtschaft wird in überragendem Masse durch die Erdöl- und Erdgasförderung sowie die Verarbeitung von Erdöl geprägt. Dennoch greifen vor allem in den reichen arabischen Anliegerstaaten des Persischen Golfs Bemühungen, die Wirtschaft zu diversifizieren, allen voran in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Katar. In Branchen wie die Chemie oder die Aluminiumerzeugung, vor allem aber in den Dienstleitungssektor sind hohe Investitionen geflossen, etwa an Standorte wie Dubai.
Innerhalb Westasiens dominieren zwei grosse Wirtschaftsräume:
Am Persischen Golf liegen die Schwerpunkte der Erdölförderung, an die sich Raffinerien und Petrochemie anschliessen. Hinzu kommen die Förderung und Verflüssigung von Erdgas sowie Standorte energieintensiver Branchen (Metallverhüttung). Diese Struktur wird ergänzt durch Dienstleistungen.
Die Mittelmeerküste weist eine vielfältigere Struktur auf. Der Staat Israel verfügt über die leistungsstärkste Volkswirtschaft, deren Palette von einer exportorientierten Bewässerungslandwirtschaft über die chemische und Hightechindustrie bis hin zum Tourismus reicht. Küstenorte, über Pipelines mit den Erdölfördergebieten am Persischen Golf und im Irak verbunden, sind in dieser Region bevorzugte Standorte von Raffinerien und chemischer Industrie.
Der Bergbau im Kuhrudgebirge und die zahlreichen Standorte der Textilindustrie machen die Randlagen der grossen Becken im Landesinnern Irans zu einem wichtigen Wirtschaftsraum.
Zu den bedeutendsten Agrarlandschaften des Kontinents zählen die grossen Stromoasen in Mesopotamien und Mittelasien, die Oasen der Arabischen Halbinsel, die israelische Küstenebene, das südliche Vorland des Kaukasus und das Südufer des Kaspischen Meeres. Besonders in Iran und dem Kaukasusvorland spiegelt die Landnutzung günstige naturräumliche Gegebenheiten wider, vor allem relativ hohe Niederschläge.

Südasien

Massenarmut und Hochtechnologie – für beides steht Indien, die aufstrebende und in Südasien bei Weitem wichtigste Volkswirtschaft. In den Nachbarstaaten Indiens sind nur die grossen Städte wie Rangun (Myanmar), Dhaka (Bangladesch) sowie Karachi und Lahore wichtige Industriestandorte. Nepal und Sri Lanka sind bedeutende Ziele des internationalen Tourismus.
Heute gehört Indien zu den grössten Volkswirtschaften der Erde und hat – wie auch Pakistan – Zweige der Hochtechnologie entwickelt, etwa in der Kerntechnik, im Raketenbau oder im Computerbereich. Auch ist Indien als Dienstleistungsstandort im IT-Bereich global bedeutsam. Das räumliche Verteilungsmuster der Industrie zeigt eine Konzentration auf einige grosse Städte und ihr Umland wie Mumbai (früher Bombay), Delhi, Bengaluru (Bangalore) und Chennai (Madras). Industrielles Wachstumszentrum ist der Bundesstaat Maharashtra mit Mumbai als Mittelpunkt. Traditionell von grosser Bedeutung ist, wie auch in Pakistan, die Textilindustrie.
Ebenfalls zu erkennen ist die rohstoffbasierte Schwerindustrie und kohlebasierte Energiewirtschaft in den alten Industriezentren von Odisha und – nordöstlich davon – Jharkhand und Westbengalen. In anderen Teilen Indiens entstanden aber auch sehr grosse Solar- und Windparks.
Ein Strukturproblem Indiens ist der hohe Staatsanteil an der Wirtschaft. Interventionen des Staates waren früher an der Tagesordnung. Nichts sollte eingeführt werden, was auch in Indien hergestellt werden konnte, ausländische Einflüsse wurden gezielt ferngehalten. Anfang der 1990er-Jahre kam es zu Wirtschaftsreformen. Mehrheitsbeteiligungen ausländischen Kapitals sind seitdem möglich, der indische Markt öffnete sich, ausländische Investitionen sind willkommen. Das starke Wirtschaftswachstum hat die regionalen Entwicklungsunterschiede und das Einkommensgefälle zwischen urbaner Mittelschicht und armer Landbevölkerung allerdings nicht beseitigt, sondern teils noch verschärft – ein grosser Teil der indischen Bevölkerung lebt von Einkommen unterhalb der Armutsgrenze (s. 162.1).

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