Überblick
Während früher bei der Beurteilung der Güte eines Gewässers vor allem das Wasser auf seine biologischen und chemischen Eigenschaften untersucht und in verschiedene Gütestufen eingeteilt wurde, hat sich inzwischen die Einsicht durchgesetzt, dass die ökologische Bedeutung eines Gewässers darüber hinaus ganz wesentlich durch die Gewässerstruktur bestimmt wird.
Faktoren der Gewässerstrukturgüte
Zur Erfassung der Gewässerstrukturgüte werden heute sehr unterschiedliche Faktoren erfasst und bewertet. Insgesamt liegen der Bewertung bis zu 27 Einzelparameter zugrunde. Unter anderem sind dies die Beschaffenheit des Ufers, das heißt ob es naturnah oder befestigt ist, gibt es einen Uferbewuchs oder keinen. Wichtig sind außerdem das Querprofil und Sohlenstruktur. Gibt es z. B. Breitenvarianz, also das Verhältnis der größten zur kleinsten Bettbreite einer Fließgewässerstrecke bei Mittelwasser, oder Flachwasserzonen. Eine große Rolle spielen der Verlauf eines Fließgewässers – wurde der Verlauf begradigt oder kann das Gewässer mäandrierend fließen – sowie die Fließgeschwindigkeit und die Strömungsdiversität.
Nach dem Grad der Veränderung durch menschliche Eingriffe werden Gewässer in insgesamt sieben Güteklassen eingeteilt, die von „naturnah“ für sehr naturnahe Gewässer über „deutlich verändert“ bis hin zu „übermäßig geschädigt“ für sehr stark beeinflusste oder irreversibel veränderte Gewässer reichen.
Gravierende Veränderungen
Alle großen Flüsse in Deutschland sind im deutlich überwiegenden Teil ihres Verlaufes mindestens stark oder sogar sehr stark verändert worden. Am augenfälligsten ist dieses Phänomen am Rhein (s. 57.6 und 57.7), was vor allem durch die Schifffahrt und den Hochwasserschutz hervorgerufen wurde. „Gering“ oder „mäßig“ veränderte Flusslandschaften gibt es heute fast nur noch an den Oberläufen, die aufgrund ihrer peripheren Lage und ihrer Größe für die kommerzielle Schifffahrt sowohl uninteressant als auch wenig geeignet sind. Auch Teile der Havel in Brandenburg sind nur gering geschädigt.