Europa - Küsten und Flüsse

Europa - Gewässer und Küsten
978-3-14-100900-2 | Seite 94 | Abb. 1| Maßstab 1 : 30000000

Überblick

Die Karte zeigt einerseits die Einzugsgebiete der Hauptflusssysteme Europas inklusive der Wasserscheiden, andererseits die verschiedenen Küstenformen, die den Kontinent umgeben.

Flusseinzugsgebiete

Der europäische Kontinent wird von einer Südwest-Nordost-verlaufenden Hauptwasserscheide geteilt, die zum Teil entlang von Gebirgszügen, zum Teil aber auch im Tiefland verläuft. Große Teile Südwest-, West-, Mittel- und Nordeuropas entwässern zum Nordatlantischen Ozean und zu seinen Randmeeren, der äußerste Nordosten zum Nordpolarmeer. Der überwiegende Teil Südeuropas sowie Südost- und Osteuropa entwässern zu den Binnenmeeren im Süden des Kontinents (Mittelmeer, Schwarzes Meer, Kaspisches Meer). Nur wenige Kanäle verbinden die Flusssysteme in diesen beiden Großräumen: Verbindungen zwischen Rhein und Rhône, Rhein-Main-Donau-Kanal, Dnjepr-Bug-Kanal, Wolga-Ostsee-Kanalsystem.

Die Küsten im Mittelmeerraum sind stark gegliedert, was zu langen Küstenlinien führt. Wegen ihres gebirgigen Hinterlandes sind die Einzugsgebiete der Flüsse hier vergleichsweise klein. Im Gegensatz dazu stehen Größe und Einzugsgebiete der Flüsse in den weiten Ebenen Osteuropas. Das Einzugsgebiet der Wolga, des längsten Flusses in Europa, ist rund viermal so groß wie Deutschland. Die Flüsse Europas weißen unterschiedliche Abflussregime auf. Während der Rhein z. B. in seinem Unterlauf pluvial (d. h. von Niederschlägen) geprägt ist und einen mehr oder weniger gleichmäßigen Abflussgang über das Jahr hinweg zeigt, werden die Ganglinien der Donau, und stärker noch der Wolga, von der Schneeschmelze im Frühjahr bestimmt (nivale Abflussregime).

Gezeiten prägen die Küstenlandschaften am Nordatlantischen Ozean einschließlich seiner Randmeere (mit Ausnahme der Ostsee, die nur einen schmalen Zugang zum Ozean hat, der den Wasseraustausch begrenzt). Die höchsten Tidenhübe werden am Kanal zwischen Großbritannien und Frankreich erreicht (bis 12 Meter).

Küstenformen

Küsten lassen sich auf verschiedene Weise begrifflich beschreiben und voneinander abgrenzen. Eine allgemeine Klassifizierung beruht auf der Art der dominierenden Prozesse bei der Küstenentstehung – Versinken, Zerstören, Aufbauen. Das Vorkommen der entsprechenden Küstentypen ist in der Karte abgebildet.

Glaziallandschaften und Flusstäler können versinken – durch Ansteigen des Meeresspiegels und/oder Absinken von Landmassen. Dadurch geraten sie unter den Einfluss des Meeres. Solche Küsten nennt man „versunkene Küsten“, bekanntestes Beispiel sind die Fjordküsten in Skandinavien (s. 95.4). Riasküsten ähneln im Erscheinungsbild den Fjordküsten. Sie sind stark gegliedert und durch Überflutung von ehemaligen Flusstälern entstanden, die aber – anders als bei Fjordküsten – nicht glazial überformt wurden. Als längliche Meeresbuchten ragen sie weit landeinwärts, meist parallel zueinander. Typische Beispiele sind der Südwesten Irlands und der Süden der Insel Peloponnes in Griechenland. Eine regionale Sonderform der Riasküsten findet sich in Dalmatien mit stärker küstenparallel verlaufenden Meeresarmen und -buchten sowie zahlreichen Inseln. Bei diesem Küstentyp, der als Canaleküste bezeichnet wird, handelt es sich um „ertrunkene“ Täler und Bergketten des Dinarischen Gebirges.

An einigen Küsten wird in großem Umfang Material abgetragen und durch Meeresströmungen wegtransportiert. Die Küstenlinie wird dadurch nach und nach in Richtung Land vorgeschoben, es geht Festlandsfläche verloren. Solche Küsten nennt man „zerstörte Küsten“. Typisch für diese Art Küsten sind steil aufragende Felsen in exponierter Stellung, direkt am Meer gelegen. Bekannte Beispiele sind die Kliffküsten im Ostseeraum oder in Südengland.

Wenn an Küsten durch Meeresströmungen oder einmündende Flüsse mehr Lockersedimente abgelagert werden als abgetragen, entstehen neue Festlandsflächen. Dadurch entstehen „aufgebaute Küsten“, typische Beispiele sind Nehrungs- und Wattküsten. Auch Deltaküsten gehören zu dieser Gruppe. Bei ihnen werden Lockersedimente von einem Fluss aufgeschüttet; es entstehen als Grundriss markante dreiecksähnliche Formen. Deltalandschaften weisen einen hohen Anteil an Flussarmen und stehenden Gewässern im Hinterland der Küsten auf. Typische Beispiele in Europa sind das Delta der Rhône (s. 135.3), des Po, der Donau (s. 94.2) und der Wolga.

Eine andere Art der Klassifizierung betont die Geofaktoren Relief und geologischer Bau. Sie ermöglicht eine differenzierte Unterscheidung von Küstenformen im Nord- und Ostseeraum (s. 53.2). Zu den dort vertretenen Küstenformen Schärenküste, Fjordküste, Buchten- und Fördenküste, Kliffküste, Meeresbodenküste, Ausgleichsküste, Haff-/Nehrungsküste und Wattküste siehe die Anmerkungen zur genannte Karte.

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