Nördliches Afrika - Wirtschaft

Nördliches Afrika - Wirtschaft
978-3-14-100900-2 | Seite 166 | Abb. 1| Maßstab 1 : 16000000

Überblick

Die Ökonomie im nördlichen Teil Afrikas beruht im Wesentlichen auf der Ausbeutung von Rohstoffen und auf der Landwirtschaft. Die Industrie spielt nur in wenigen Gebieten wie etwa in den großen Küstenstädten in Nordafrika bzw. Westafrika eine Rolle; hinsichtlich der Branchenstruktur dominieren dort bestimmte Industrien wie die Verarbeitung von Nahrungsmitteln oder die Erdölchemie, die jeweils eine regionale Rohstoffbasis haben. Bei der Landwirtschaft zeigt sich eine zonale Anordnung, die mit Ausnahme von Oasen den Klima- und Vegetationszonen bzw. den Höhenstufen entspricht. Bergbauliche Aktivitäten gibt es punktuell, ohne ausgeprägte Schwerpunkte, abgesehen von den relativ bedeutenden Erdöl- und Erdgaslagerstätten in Algerien, Libyen und Nigeria.

Informeller Sektor

Im Kartenbild nicht dargestellt werden kann der informelle Sektor, dessen Existenz zwar auf strukturelle Probleme schließen lässt, der jedoch für die lokale Wirtschaft, Arbeitsplätze und die Einkommenssituation in vielen Staaten Afrikas große Bedeutung hat. Schätzungen besagen, dass in weiten Teilen Afrikas die Hälfte der arbeitenden Bevölkerung oder sogar mehr im informellen Sektor tätig ist.

Landwirtschaftliches Nutzland

Die landwirtschaftliche Nutzung lässt die Großgliederung des Raumes in den mediterranen Saum Afrikas, in die Atlasketten, die Sahara, die Sahelzone, die Sudanzone und die Regenwaldgebiete am Golf von Guinea erkennen. Weizenanbau, Weinbau, Obst- und Olivenkulturen dominieren in den Ebenen des humiden bis semiariden Nordafrika. Die Gebirge tragen noch Reste mediterraner Wälder, die Hochflächen und mittleren Lagen sind einbezogen in die Weidewirtschaft.

Landwirtschaft in Sahara und Sahelzone

In der Sahara und in ihren Randgebieten existiert trotz weitgehender Sesshaftigkeit der Bevölkerung noch eine halbnomadische Weidewirtschaft. Die Wandergebiete reichen bis in die mediterranen Steppen bzw. in die Sahel-Sudanzone Westafrikas. Die wichtigsten Standorte für die agrarische Nutzung der Wüsten sind die Oasen. Der Expansion der Bewässerungsflächen stehen aber Verluste durch Versalzung und Versandung gegenüber, sodass insgesamt bei starkem Bevölkerungswachstum die Nahrungsmittelversorgung der Länder Nordafrikas prekär bleibt und viele auf Nahrungsmittelimporte angewiesen sind. Gleiches trifft auf die Länder der Sahelzone zu. In dieser Kontaktzone der Lebensräume von Halbnomaden und Ackerbauern besteht ein erhebliches ökologisches Risiko durch Niederschlagsschwankungen und episodische Dürren. Flächenmäßig dominiert in der Zone der Dornstrauchsavannen die halbnomadische Weidewirtschaft.

Desertifikation als Bedrohung

Die steigenden Zahlen an Rindern, Ziegen und Schafen, die ein Resultat des Bevölkerungswachstums, der steigenden Fleischnachfrage in den Städten, aber auch mancherorts der Wasserversorgung darstellen, sind eine der Ursachen für die fortschreitende Desertifikation. Eine andere Ursache ist die Ausdehnung des Ackerbaus in regenreichen Jahren bis weit über die agronomische Trockengrenze hinaus. Auch die Abholzung zur Brennholzgewinnung vernichtet flächenhaft die Baum- und Buschbestände und leistet dadurch der „Verwüstung“ Vorschub.

Verstreut gibt es in Nordafrika einige Bewässerungsgebiete, zum Beispiel entlang des Senegalflusses, im Binnendelta des Niger oder im zentralen Sudan. Unmittelbar südlich der Sahelzone erstrecken sich in der Sudanzone wichtige landwirtschaftliche Siedlungs- und Produktionsgebiete vom Senegal bis in den Sudan. Aus dieser Zone drängt die Bevölkerung in regenreichen Jahren nach Norden in die Dornsavanne, wobei sie den Anbau in Altdünengebiete ausdehnt. In niederschlagsarmen Jahren werden diese Bereiche durch Winderosion zerstört und unbewohnbar. Deshalb besteht eine allgemeine Wanderungstendenz der Bevölkerung nach Süden in die Feuchtsavanne bzw. in die Regenwaldgebiete, dort insbesondere in die Küstenmetropolen. Infolge von Verarmung ist aber auch eine Rückwanderung aus den Städten in den ländlichen Raum zu verzeichnen.

Baumwollanbau in den Trockensavannen

Die Trockensavannen Westafrikas gehören zu den wichtigsten Hirse-, Erdnuss- und Baumwollanbaugebieten des Kontinents. Ausgehend von den Konzentrationen bäuerlicher Bevölkerung in den alten Reichen der Sudanzone hat sich der Erdnuss- und Baumwollanbau seit der Kolonialzeit zu einem wichtigen landwirtschaftlichen Erwerbszweig entwickelt. Heute stehen die Länder der Sahel-Sudanzone allerdings vor dem Problem der Exportabhängigkeit – zumal sie auf dem Weltmarkt mit Erzeugnissen konkurrieren müssen, die von den Industrienationen in massivem Umfang subventioniert werden. Die starken Schwankungen des Weltmarktpreises zum Beispiel für Baumwolle sind für exportabhängige Länder wie Mali ein gravierendes Problem.

Fruchtbare Küstenregionen

Die Situation hinsichtlich Nahrungsmittelversorgung und Exportproduktion stellt sich in den Küstenstaaten Afrikas, die über Anteile an der Feuchtsavanne oder am tropischen Regenwald verfügen, meist etwas günstiger dar. Hier dominieren Mais, Yams, Maniok, Kochbanane und Reis als Nahrungsmittel. Als ölliefernde Pflanzen stehen der Schibutterbaum und die Ölpalme zur Verfügung. Baumwolle bzw. Kaffee, Kakao und Palmöl sind wichtige Exportprodukte.

Bergbau und Industrie

Die Netze der Erdöl- und Erdgasleitungen in Nordafrika, Sudan und Nigeria sowie die zahlreichen Symbole für Lagerstätten, Erdölraffinerien und Standorte der Chemischen Industrie lassen die erstrangige Bedeutung dieser Wirtschaftszweige für die Volkswirtschaft erahnen. Die nordafrikanischen Staaten gehören zur Gruppe der „Erdöl exportierenden Länder“. Diese Staaten haben bereits eine volkswirtschaftlich bedeutende Industrialisierung von der Grundstoff- bis zur Konsumgüterindustrie erreicht.

Das ressourcenreiche Marokko, das über einen Großteil der bekannten Weltreserven an Phosphaten verfügt, ist ein Beispiel für diese Entwicklung. Das Land hat die Industrialisierung mit der Phosphaterzeugung begonnen. Zu seinen Bodenschätzen zählen außerdem Steinkohle, Erdöl und Erdgas sowie Blei-, Kupfer- und Eisenerze. Wichtige Industriezweige sind die Metallverarbeitung, die chemische Industrie sowie die Nahrungsmittel- und Textilindustrie. Für den Export werden neben Zitrusfrüchten, Gemüse und Wein vor allem Korkeichen angebaut. Ein weiterer wichtiger Wirtschaftszweig ist der Tourismus. Der Dienstleistungsbereich gewinnt stetig an Bedeutung. Überdies ist Marokko bestrebt, sich als logistische Drehscheibe für den Handel zwischen Europa und Afrika zu etablieren. Ein weiteres strategisches Ziel ist die Verringerung der Abhängigkeit von Energieimporten durch den Bau von Windparks, Solaranlagen und Stromtrassen.

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